Die geistliche Macht:
Die Kirche spielte im Mittelalter eine zentrale Rolle. Ihr Einfluss auf die Gesellschaft war so groß wie zu keiner anderen Zeit, selbst der Kaiser des heiligen römischen Reiches deutscher Nation war ohne die Bestätigung seiner Autorität durch den Papst machtlos. Politik, Wirtschaft, das Rechtssystem und die Kultur wurden wesentlich von der Kirche beeinflusst. Die Macht der geistlichen Herren war enorm, bis ins 11. Jahrhundert hinein war die Kirche der größte Großgrundbesitzer in Deutschland. Dass auf die Bauern auch von der kirchlichen Herrschaft gehörig Druck ausgeübt wurde, zeigt ein Sprichwort aus der damaligen Zeit: "Je näher das Kloster, desto ärmer der Bauer." Doch der Religion konnten und wollten die Bürger sich auch nicht entziehen, bot sie doch Halt in einer sich ständig verändernden Welt.
Die kleine Saalkirche:
Auch in die Burg Lemberg war eine eigene Kapelle integriert. Wann die Kapelle gebaut wurde, darüber gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Die früheste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1502: Dort wird die Anfertigung eines Kirchengestühls bezeugt. Die Archäologen gehen jedoch nach einer ersten Durchsicht der bei der Freilegung der Grundmauern gefundenen Münzen und Scherben davon aus, dass die Kapelle bereits viel früher entstanden ist, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die kleine Saalkirche, wie die Fachleute das Gebäude nennen, bestand aus einem rechteckigen Schiff, außen acht Meter breit und 10,60 lang, sowie einem vorgesetzten rechteckigen Chor mit den Maßen 5,20 Meter mal 4,30 Meter.
Tanz auf den Gräbern:
Die Grundmauern der Kapelle sind relativ gut erhalten. Die Kapelle war zwar auf alten Plänen eingezeichnet, doch ihre genaue Lage und ihre Maße konnten erst ermittelt werden, nachdem eine große Betonplatte entfernt worden war. Die hatte Anfang der 50er Jahre der Pfälzerwaldverein dort als Tanzboden für seine Trachtengruppe eingezogen.
Im Chorraum fanden die Archäologen die Gräber von insgesamt 14 Kindern. Im Hauptraum wurden zwei weitere Skelette entdeckt, die offensichtlich aus Platzgründen nicht im Chor hatten bestattet werden können. Die genauere Untersuchung ergab, dass von den insgesamt 16 hier begrabenen Kindern allein elf Föten, Neugeborene oder Kleinkinder bis zu zwei Jahren waren. Drei Kinder waren im Alter von drei bis fünf Jahren gestorben. Aus dem Rahmen fallen die Skelette eines etwa 13jährigen Jungen und eines 17jährigen Mädchens, die im Hauptraum in einer eigens aus dem anstehenden Fels heraus gehauenen Grube bestattet worden waren. Sie ist auch heute noch deutlich in der nordöstliche Ecke des Kapellenschiffs auszumachen.
Letzte Ruhe für ungetaufte Kinder?
Die Fachleute rätseln über die Bedeutung dieser Gräber, die, nach dem Mörtelbefund, eher in der Spätzeit der Burg, also wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts angelegt worden waren. Eine mögliche Erklärung liefert die Tatsache, dass Kindergräber in den Kirchen der Pfalz eher ungewöhnlich, in der Nordwestschweiz und im Berner Oberland aber durchaus üblich waren. Die Ansiedelung von Schweizer Calvinisten zu dieser Zeit im durch den 30jährigen Krieg entvölkerten Lemberg ist bezeugt. Ebenso wie die Zuwanderung von Mennoniten. Da diese die Taufe erst im Erwachsenenalter vorsahen, durften sie ihre gestorbenen ungetauften Kinder nicht auf dem geweihten Friedhof bestatten. Auch sie könnten die Burgkapelle als letzte Ruhestätte für ihre Kinder gewählt haben.